Allgemeines
²-Galactosidasen (auch ²-Galaktosidasen) sind Enzyme, die endständige Zuckerreste (²-Galactose) von Polysacchariden wie Gangliosiden, Glycoproteinen und Glycosaminoglycanen abbauen. Sie kommen in allen Lebewesen vor, wo sie unterschiedlichen Stellenwert im Stoffwechsel haben. Das menschliche Enzym wird vom GLB1-Gen codiert und kommt in zwei Spleißvarianten, die in allen Zellen jeweils in den Lysosomen und im Zytoplasma lokalisiert sind. Mutationen im GLB1-Gen können zu verschiedenen Typen der Gangliosidose und zu Typ 4B der Mucopolysaccharidose führen (Morquio Syndrom, MPS4B).
GM1-Gangliosidose: Ursache ist ein Mangel der lysosomalen Beta-Galaktosidase, der autosomal-rezessiv vererbt wird. Das ursächlich beteiligte GLB1-Gen liegt in der Chromosomenregion 3p21.33. Etwa ein Dutzend verschiedene Mutationen wurden bisher gefunden. Das mutierte Genprodukt kann die Vorstufe der Beta-Galaktosidase nicht phosphorylieren, die deshalb nicht in die Lysosomen transportiert werden kann und stattdessen sezerniert wird. Durch den Beta-Galaktosidase-Mangel und die Anhäufung von GM1 wird anscheinend indirekt ein neuronaler Apoptoseweg aktiviert. Die Diagnose wird bestätigt durch den Nachweis einer stark erniedrigten Aktivität der Beta-Galaktosidase in Lymphozyten oder kultivierten Hautfibroblasten.
Klinisches Bild: die GM1-Gangliosidose ist eine neurodegenerative lysosomale Speicherkrankheit mit Anhäufung von GM1-Gangliosiden. Nach dem Erkrankungsalter werden drei Typen unterschieden. Die infantile Form (Typ I) beginnt in den ersten drei Lebensmonaten mit progredienter Enzephalopathie und Amaurose. Gleichzeitig treten Hepatosplenomegalie, mukokutane Infiltrate (die ein vergröbertes Gesicht erzeugen) und Skelett-Deformitäten auf. In den ersten 6 Monaten kommt es zur Verzögerung oder zum Stillstand der Entwicklung, gefolgt von einem zunehmendem neurologischen Verfall. Die Konzentration der Oligosaccharide im Urin ist erhöht.
Morquio Syndrom: autosomal-rezessiv erbliche Mucopolysaccharidose Typ IV (A u. B) mit enchondraler Dysostose. Der Enzymdefekt betrifft die N-Acetyl-galaktosamin-6-sulfatase bzw. die ²-Galaktosidase und bewirkt Abbaustörung von Keratansulfat mit Keratansulfaturie.
Klinisches Bild: Störung der Entwicklung der Epi- u. Metaphysen der Knochen, die zu disproportioniertem Zwerg- oder Minderwuchs führt; es bestehen Wirbelsäulenanomalien, Brustkorbdeformität, Hyperelastizität der Gelenke, Hornhauttrübungen, Zahnschmelzunterentwicklung, Hörstörungen. Intelligenz und Geschlechtsreifung sind meist normal.
Indikation
V.a. lysosomalen Enzymdefekt, Gangliosidose
Schlüsselworte
lysosomale Speicherkrankheit, Gangliosidose, Morquio