Allgemeines
Da nach mindestens 3 Fehlgeburten die Rate erfolgreicher Schwangerschaften auf höchstens 50% absinkt und jede unglücklich verlaufene Schwangerschaft bzw. jeder erfolglose Embryotransfer für das betroffene Paar mit zum Teil erheblichen Leidensdruck verbunden ist, empfiehlt sich die gezielte Diagnostik nach möglichen Begleitfaktoren. Dabei sollten sowohl genetische, hämostasiologische, autoimmunologische ebenso wie alloimmunologische Faktoren berücksichtigt werden.
Bedeutsam in der Diagnostik autoimmuner Risikofaktoren sind neben Phospholipid-Antikörpern mit einer nachfolgenden Abortrate von 60-70% weitere Autoantikörper wie antinukleäre Antikörper (ANA), Antikörper gegen DNS, Antikörper gegen extrahierbare nukleäre Antigene (ENA) etc. Der Pathomechanismus ist unterschiedlich und im einzelnen nicht gänzlich geklärt. Während Phospholipidantikörper über einen Einfluß des Arachidonsäuremetabolismus der Thrombozyten zu einer verstärkten Thrombozytenaggregation führen, kommt es bei antinukleären Antikörpern wohl eher zu einer Vasculitis. Es resultiert in jedem Fall daraus eine Perfusionsstörung, die letztendlich zur Störung der Implantationsphase bzw. zum vorzeitigen Schwangerschaftsverlust führen kann.
Ebenso bedeutsam, allerdings vom Pathomechanismus völlig ungeklärt, sind Schild-drüsenautoantikörper. Offensichtlich ist es nicht so sehr entscheidend, ob eine endokrine Dysfunktion der Schilddrüse vorliegt. Vielmehr sind diese Autoantikörper wohl eher Hinweis auf eine generalisierte Aktivierung humoraler und zellulärer Immunreaktionen mit ungünstigen Folgen für die Schwangerschaftserhaltung.
Zur Behandlung von Autoantikörpern werden Prednisolon in einer Dosierung von 10-15 mg/d und Acetylsalicylsäure 100 mg/d und/oder niedermolekulares Heparin eingesetzt. Je nach Titerhöhe der Autoantikörper kann die tägliche Prednisolondosis kurzzeitig auf 25 mg/d erhöht werden. Ebenso kommt eine Behandlung mit polyvalenten Immunglobulinen in Betracht. Dabei wird unmittelbar nach Schwangerschaftsfeststellung mit der Infusion von 300-400 mg/kg Körpergewicht (20-30g) Immunglobulinen begonnen. Die Fortführung der Therapie erfolgt mit 300 mg/kgKG (20g) Immunglobulin in 3-wöchentlichen Abständen mindestens zur 20. - 22. SSW.
Die Diagnostik alloimmunologischer Infertilitätsursachen ist im wesentlichen eine Ausschlußdiagnose anderer gut definierter Ursachen. Arbeitshypothese für eine entsprechende Diagnostik und Therapie ist folgendes Konzept:
Der menschliche Fet induziert auf der Grundlage seiner eigenen, von der Mutter abweichenden Antigenität eine schützende Immunantwort. Dabei ist es entscheidend, wie groß die Differenz der Antigenmuster von Mutter und Kind ist. Besteht hier eine erhöhte Kompatibilität, so kommt es zu einer verspäteten bzw. ausbleibenden Erkennung der Fremdantigenität und nachfolgend zum Ausbleiben schwangerschaftsprotektiver Reaktionen.
Beim Embryotransfer kommt möglicherweise ein weiterer Aspekt durch die methodisch bedingte Abwesenheit von Spermien und Oozyten in den ersten 48-72 Stunden hinzu, in denen es natürlicherweise zu einer bestimmten immunologischen Konditionierung des mütterlichen Immunsystems kommen könnte, die bei der extrakorporalen Befruchtung dann ausbleibt.
Einen therapeutischen Ansatz stellt die Induktion einer protektiven mütterlichen Immunantwort durch eine Partnerlymphozytenimpfung dar. Dabei werden vom Partner aus 40 ml stabilisiertem Blut Lymphozyten gewonnen und der Patientin subcutan injiziert.
Ansprechpartner: Frau Dr.med. S. Reichel, Synlab MVZ Eppelheim, Wasserturmstr. 71, 69214 Eppelheim, Tel: 06221/793130 Fax: 06221/793133 email: sylke.reichel@synlab.com
Hinweise für den Zeitpunkt und den Umfang der erforderlichen Diagnostik: Wann: - nach mindestens 3 Aborten - bei über 35-jährigen Patientinnen nach 2 Aborten - nach 3-4 technisch und hormonell einwandfreien Embryotransfers.
Untersuchungsumfang allgemein: |
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anatomisch |
Hysteroskopie, Laparoskopie |
genetisch |
Zytogenetik beider Eltern, Abortmaterial (ab 3. Abort) |
endokrin |
Prolaktin, Diabetes?, Testosteron, DHEAS, LH, FSH, Progesteron, Oestradiol, TSH |
autoimmun |
antinukleäre Antikörper, Phospholipidantikörper, DNS- Antikörper, ß2-Glykoproteinantikörper, Antikörper gegen extrahierbare nukleäre Antigene, Schilddrüsenautoantikörper (MAK, TAK, TRAK), Spermienantikörper, zellulärer Immunstatus, TNF alpha, |
alloimmun |
HLA-Klasse I+II-Typisierung beider Partner, Cross-Match, Immundifferenzierung, TNF alpha, weitere Interleukine |
Gerinnung |
PTT, Lupusantikoagulantien, APC-Resistenz, Protein C, Protein S, Antithrombin 3, Homocystein, Thrombozytenzahl, Faktor XII-Akt., Prothrombingenmutation, MTHFR-Gen-Mutation, PA1-Gen |
infektiös |
eher ohne Bedeutung, ggf. Toxoplasmose, Chlamydieninfektion, Antikörper gegen chlamydiale Heat-Shock-Proteine (HSP) |
ökologisch |
nur bei anamnestisch angegebener Belastung: Blei, Cadmium, Quecksilber, Pestizide, Äthylenglykol |