Allgemeines
Bisher ist auch heute das Problem der Risikoabschätzung für Gefäßerkrankungen noch nicht ganz gelöst. Konkurrierende Algorithmen, in denen die konventionellen Risikofaktoren wie Alter, Geschlecht, Rauchen, Lipide und Familienanamnese werden zur Errechnung eines globalen Herzinfarktrisikos herangezogen (z.B. SCORE, PROCAM und Framingham). Die wesentliche Schwäche dieser Vorhersagealgorithmen ist ihre geringe Sensitivität. Sie schwankt (bei akzeptabler Spezifität) um 30 Prozent. Das bedeutet, dass in der Gruppe derjenigen, die als Hochrisikopatienten identifiziert werden, nur etwa ein Drittel aller Herzinfarkte auftritt, während zwei Drittel aller Infarkte bei Personen mit niedrigerem rechnerischen Risiko vorkommen.
Um Personen ausfindig zu machen, die trotz eines vermeintlich mittleren oder niedrigen Risikos dennoch einen Herzinfarkt bekommen werden, sind daher oft ergänzende diagnostische Informationen wichtig. Zu nennen sind hier die sogenannten "neuen Risikofaktoren" wie Homozystein, Vitamin D oder die Lipoprotein-assoziierte Phospholipase A2. Aber selbst die Untersuchung der Lipide ist mit der obligaten Basisdiagnostik (Cholesterin, Triglyzeride, LDL- und HDL-Cholesterin) nicht ausgereizt. Man weiß heute, dass die Lipoproteinklassen VLDL, LDL und HDL nicht homogen sind, sondern selbst wieder in eine Reihe von Unterfraktionen mit unterschiedlichen biologischen Funktionen aufgetrennt werden können.
Von besonderer Bedeutung sind die Unterfraktionen der LDL, für die ganz allgemein gilt: Je kleiner umso dichter, je größer umso "leichter". Die "kleinen, dichten" haben sich als sehr atherogen erwiesen (sd-LDL, small dense LDL). "Dichte" LDL verweilen bis zu fünfmal länger im Plasma als "leichte" und sind daher vermutlich anfälliger für Oxidation. Sie haften besser an den Proteoglykanen der Gefäßwand und penetrieren aufgrund ihres geringen Durchmessers leichter Lücken des Gefäßendothels. "Dichte" LDL findet man häufig dann, wenn die Triglyzeride erhöht sind, also oft bei metabolischen Syndrom oder bei Typ 2 Diabetes mellitus. Diese Patienten haben meist auch ein niedriges HDL-Cholesterin. Die Kombination aus hohen Triglyzeriden, niedrigem HDL-Cholesterin und "dichten" LDL bezeichnet man als "atherogene Trias", als "atherogenen Lipoprotein-Phänotyp". Obgleich zwischen den Komponenten der atherogenen Trias Korrelationen bestehen, lässt sich im Einzelfall das Verteilungsmuster der LDL-Unterfraktionen aus Triglyzeriden und HDL-Cholesterin nicht vorhersagen.
Die Lipoprotein-Gelektrophorese ist ein Verfahren, welches das tatsächliche Herzinfarktrisiko durch differenzierte Analyse der HDL- und LDL-Unterfraktionen ermittelt.
Präanalyse
Serum oder alternativ EDTA-Plasma, haltbar bis 12 Stunden bei Raumtemperatur, gekühlt (2-8°C) bis 7 Tage. Transport und Lagerung gekühlt.
Material darf nicht eingefroren werden!
Bewertung
Im Lipoprotein-Profil werden bei den Ergebnissen ein Muster A von einem Muster B unterschieden. Beim Muster A liegt eine normalen Verteilung, beim dem Muster B ein Überwiegen der kleinen, dichten LDL vor.
Statine senken alle LDL-Subfraktionen in etwa gleichem Maß, Fibrate, Nikotinsäure und Pioglitazon senken eher die kleinen, dichten LDL. Die Effekte von Ezetimibe auf die Verteilung von LDL-Subfraktionen werden noch kontrovers diskutiert. In einzelnen Arbeiten wurde vor allem eine Absenkung der leichten, weniger atherogenen LDL beobachtet.
Indikation
LDL-Subfraktionen:
- LDL-Cholesterin-Werte > 130 mg/dl und/oder Triglyzeride > 150 mg/dl und/oder HDL-Cholesterin < 40 mg/dl
- mittleres 10-Jahres Risiko nach PROCAM über 10 Prozent
- Risikopatienten mit Fettstoffwechselerkrankungen
- Patientenmonitoring unter Therapie (auch unter Cholesterinsenkern)
Schlüsselworte
LDL subclasses, Cardiovascular Risk
Verwendung in